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Winterblues oder Winterdepression?

Aktualisiert: vor 8 Minuten

Winterblues oder Winterdepression?


Warum die dunkle Jahreszeit uns aufs Gemüt schlägt – und was wirklich hilft


Wenn die Tage kürzer werden, die Temperaturen sinken und das natürliche Licht abnimmt, verändert sich unsere Stimmung. Viele Menschen berichten dann von Müdigkeit, Antriebslosigkeit oder gedrückter Stimmung – aber nicht alle erleben eine echte Depression.In diesem Beitrag erfährst du, wie man zwischen Winterblues und Winterdepression unterscheidet, welche biologischen und psychologischen Prozesse dahinterstehen und wie wir systemisch darauf reagieren können.


Winterblues – die saisonale Verstimmung


Der Winterblues ist keine Diagnose, sondern eine milde Befindlichkeitsveränderung, die viele Menschen betrifft.Typische Anzeichen sind:

  • verminderte Energie

  • gesteigertes Schlafbedürfnis

  • vermehrter Appetit auf Kohlenhydrate

  • geringere Motivation

  • Rückzugstendenzen

Wichtig:Beim Winterblues bleibt die grundsätzliche Funktionsfähigkeit erhalten. Beruf, Familie und soziale Kontakte sind meist weiter möglich – nur eben „schwerer“ als sonst.

Ursachen können sein:

  • reduzierte Tageslichtmenge

  • veränderte Struktur im Alltag

  • mehr Innenräume, weniger Bewegung

  • Jahreszeitliche Erschöpfung („Endjahresmüdigkeit“)


Winterdepression (SAD) – wenn es mehr ist als ein Stimmungstief


Die Seasonal Affective Disorder (SAD) ist in der ICD-11 und im DSM-5 als depressive Episode mit saisonalem Muster beschrieben.Sie ist medizinisch relevant und klar abgrenzbar vom Winterblues.


Typische Symptome einer Winterdepression

  • anhaltend gedrückte Stimmung (mind. 2 Wochen)

  • Interessenverlust und Anhedonie

  • deutliche Antriebslosigkeit

  • Hypersomnie (viel Schlaf, trotzdem keine Erholung)

  • Heißhunger, v. a. auf Kohlenhydrate

  • sozialer Rückzug

  • starke Erschöpfung


Wichtige Risikofaktoren

  • genetische Disposition (familiäre Häufung von Depressionen)

  • veränderte Melatoninproduktion

  • Serotonindysregulation (z. B. reduzierte Serotonintransporteraktivität)

  • erhöhte Lichtempfindlichkeit des circadianen Systems

  • Vitamin-D-Mangel

  • Traumata oder chronischer Stress

Frauen sind statistisch deutlich häufiger betroffen – vermutlich aufgrund hormoneller Sensitivität des Stress- und Stimmungssystems.


Systemische Perspektive: Winter als Kontextfaktor


Systemisch betrachtet ist Stimmung eingebettet in Beziehung, Alltag und Umwelt.

Die Wintermonate verändern:

  • soziale Dynamiken (mehr Rückzug, weniger Kontakt)

  • Aktivitätsniveau

  • berufliche und familiäre Belastungen

  • körperliche Regulation (Schlaf-Wach-Rhythmus)


Dadurch entstehen oft Rückkopplungsschleifen:

Weniger Licht → weniger Aktivität → weniger soziale Kontakte → weniger positive Erfahrungen → gedrückte Stimmung.

Das bedeutet aber auch: Jede Veränderung an einem dieser Punkte kann das gesamte System entlasten.


Was hilft wirklich? – Systemische & evidenzbasierte Strategien


1. Lichttherapie

Eines der wirksamsten Mittel bei SAD.20–40 Minuten täglich mit 10.000 Lux können Symptome deutlich reduzieren.


2. Bewegung – besonders draußen

Schon 20–30 Minuten moderate Bewegung pro Tag stabilisieren Stimmung, Stoffwechsel und Schlaf.


3. Struktur statt Winterschlaf

  • feste Aufstehzeiten

  • verbindliche Tagesminiroutinen

  • soziale Termine im Kalender („Verabredungen mit sich selbst“)


4. Ernährung & Vitamin D

Studien zeigen: Defizite verschlechtern Stimmung und Energie. Medizinisch abklären lassen lohnt sich.


5. Beziehung als Ressource

Systemisch entscheidend:

  • regelmäßige Kontaktpunkte

  • gemeinsame Aktivitäten

  • „Winter-Check-ins“ im Freundes- oder Familiensystem


6. Psychotherapie bei schwereren Verläufen

Besonders bei begleitenden Themen wie:

  • Hoffnungslosigkeit

  • Verlust von Freude

  • starkem Rückzug

  • Suizidgedanken


Wann sollte man sich Hilfe holen?


Spätestens wenn…

  • Stimmung über 2 Wochen dauerhaft gedrückt ist

  • Interessenverlust besteht

  • Schlaf und Antrieb massiv beeinträchtigt sind

  • Rückzug und Hoffnungslosigkeit dominieren

…ist professionelle Unterstützung wichtig.


Depression ist keine Schwäche, sondern eine ernstzunehmende Erkrankung.


Fazit


Winterblues und Winterdepression sind zwei sehr unterschiedliche Phänomene – aber beide verdienen Aufmerksamkeit.

Winterblues ist mild und gut handhabbar, Winterdepression hingegen eine behandlungsbedürftige Störung.

Beziehung, Licht, Bewegung, Struktur und Selbstfürsorge sind zentrale Schutzfaktoren – und aus systemischer Sicht entscheidend, weil kleine Veränderungen im Alltag große Wirkung im Gesamtsystem entfalten können.

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